Ort der Bildungsdienstleistung

Apr 8 / Sandra Frauchiger
In der heutigen digitalen Welt hat sich die Art und Weise, wie Bildungsleistungen erbracht werden, grundlegend verändert. Während Teilnehmende früher physisch anwesend sein mussten, können sie heute, wie bei uns, bequem von überall aus online teilnehmen.

Diese Entwicklung stellt neue Herausforderungen für die mehrwertsteuerliche Behandlung von Bildungsleistungen dar. Mit der Revision des Mehrwertsteuergesetzes (MWSTG) zum 1. Januar 2025 wurde dieser Realität Rechnung getragen.

Der folgende Beitrag erläutert die Änderungen und deren Auswirkungen auf die Bestimmung des Leistungsortes bei Bildungsangeboten.

Bis Ende 2024 galt die Regel, dass Bildungsleistungen als Dienstleistungen an dem Ort steuerbar sind, an dem sie tatsächlich erbracht werden – dem sogenannten Ort der Tätigkeit gemäss Art. 8 Abs. 2 Bst. c MWSTG. Diese Regelung war in einer Welt, in der Bildungsveranstaltungen stets einen physischen Durchführungsort hatten, leicht anzuwenden. Durch die zunehmende Digitalisierung wurde diese Ortsbestimmung jedoch komplexer. Wenn Teilnehmende nicht mehr vor Ort sein müssen, stellt sich zwangsläufig die Frage: Wo findet die Bildungsleistung tatsächlich statt?

Neuer Wortlaut im Gesetz

Der Gesetzgeber hat auf diese Herausforderung reagiert und den Wortlaut von Art. 8 Abs. 2 Bst. c MWSTG präzisiert. Seit dem 1. Januar 2025 gilt die Ortsbestimmung nur noch für Dienstleistungen, "die unmittelbar gegenüber vor Ort physisch anwesenden Personen erbracht werden".
Diese Ergänzung schafft Klarheit: Nur wenn tatsächlich Personen physisch anwesend sind, ist der Ort der Tätigkeit massgebend. Bei rein virtuellen Angeboten oder wenn Teilnehmende online zugeschaltet sind, greift stattdessen das Empfängerortsprinzip nach Art. 8 Abs. 1 MWSTG.

Praxis

Die praktischen Auswirkungen dieser Neuregelung lassen sich anhand verschiedener Szenarien verdeutlichen:

  1. Bei einem klassischen Präsenzunterricht, bei dem alle Teilnehmenden vor Ort sind, bleibt der Leistungsort am Tätigkeitsort nach Art. 8 Abs. 2 Bst. c MWSTG.
  2. Bei hybriden Formaten hingegen, bei denen Teilnehmende wählen können, ob sie physisch oder virtuell teilnehmen, hängt der Leistungsort von der individuellen Entscheidung ab. Nimmt eine Person physisch teil, gilt der Tätigkeitsort; wählt sie die Online-Teilnahme, ist ihr Empfängerort massgebend.
  3. Bleibt bei der Anmeldung offen, ob eine Teilnahme vor Ort oder online erfolgt, gilt grundsätzlich das Empfängerortsprinzip.
  4. Dasselbe gilt für Angebote, bei denen ausschliesslich eine virtuelle Teilnahme möglich ist.

Konsequenzen

Für Bildungsanbieter bedeutet diese Neuregelung, dass sie bei jeder Rechnungsstellung genau prüfen müssen, ob die Teilnehmenden physisch anwesend sind oder zumindest das Recht dazu haben. Ist dies nicht der Fall, befindet sich der Ort der Leistung am Sitz des Kunden.

  • Bei Kunden mit Sitz in der Schweiz unterliegen diese Leistungen zwar der Schweizer MWST, sind jedoch von der Steuer ausgenommen.
  • Bei ausländischen Kunden sollten sich Bildungsanbieter mit dem jeweiligen ausländischen Mehrwertsteuerrecht auseinandersetzen, da sie dort steuerpflichtig werden könnten.

Fazit

Die Revision des MWSTG trägt somit der fortschreitenden Digitalisierung im Bildungsbereich Rechnung und schafft Rechtssicherheit in einem zunehmend virtuellen Umfeld.

Für Bildungsanbieter ist es nun entscheidend, ihre Prozesse entsprechend anzupassen und die Teilnahmeform ihrer Kunden sorgfältig zu dokumentieren, um eine korrekte mehrwertsteuerliche Behandlung sicherzustellen.